Inkasso-Glossar: Gerichtsvollzieher

Gerichtsvollzieher

Der Gerichtsvollzieher ist neben dem Vollstreckungsgericht das wichtigste Vollstreckungsorgan. Gerichtsvollzieher sind Beamte des mittleren Dienstes der Justizverwaltung.

Nach wie vor sind die Gerichtsvollzieher in Deutschland extrem überlastet, was zu entsprechend langen Erledigungszeiten bei den Vollstreckungsaufträgen führt. Sechs Monate vom Antrag bis zur eigentlichen Vollstreckungshandlung sind in manchen Zuständigkeitsbezirken deshalb keine Seltenheit.

Obwohl unabhängige Untersuchungen bestätigen, dass die Gerichtsvollzieher sich aufgrund ihrer Tätigkeit - finanziell gesehen - mehrfach selbst tragen, werden immer noch nicht die dringend benötigten zusätzlichen Gerichtsvollzieher ausgebildet. In der Justizverwaltung regiert stattdessen der Sparzwang.

Die Aufgaben des Gerichtsvollziehers sind im Wesentlichen folgende:

Neben der Präsenzversteigerung kann der Gerichtsvollzieher den Gegenstand gemäß § 814 Absatz 2 ZPO auch im Wege der Internetversteigerung versteigern.

Fällt eine Sachpfändung fruchtlos aus, kann ein Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt werden.

Um Zeit zu sparen, kann der Pfändungsauftrag seit Inkrafttreten der Zwangsvollstreckungsnovelle der Sachpfändungsauftrag mit einem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kombiniert werden (Kombiauftrag), sodass der Gerichtsvollzieher den Schuldner unmittelbar nach der erfolglosen Sachpfändung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auffordern bzw. einen Termin mit ihm vereinbaren kann.

Für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit einer Sachpfändung ist das Vorliegen eines Vollstreckungstitels notwendig. Dieser muss dem Schuldner bereits zugestellt worden sein oder gleichzeitig mit dem Sachpfändungsauftrag zugestellt werden.

Will der Gläubiger sich gegen bestimmte Verhaltensweisen des Gerichtsvollziehers wehren, muss das auf dem Wege der sogenannten Erinnerung geschehen. Die Erinnerung ist ein Rechtsbehelf und beim Vollstreckungsgericht einzulegen.

Neben Fingerspitzengefühl ist ausreichendes Durchsetzungsvermögen erforderlich

In den Justizverwaltungen sind folgende Bedienstete bzw. Beamtengruppierungen vertreten: Höherer Dienst (Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte), Gehobener Dienst (Dipl. Rechtspflegerinnen und Dipl. Rechtspfleger), Mittlerer Justizdienst mit anschließender Sonderlaufbahn (Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher), Mittlerer Justizdienst (Justizassistenten, Sekretäre, Ober- und Hauptsekretäre sowie Amtsinspektorinnen und Amtsinspektoren), Einfacher Justizdienst (Justizwachtmeister ).

Um für die Ausbildung zum Gerichtsvollzieherin oder des Gerichtsvollziehers durch das zuständige Oberlandesgericht zugelassen zu werden, ist es erforderlich, den mittleren Justizdienst, welcher insgesamt eine zweijährige Ausbildung umfasst, mit gutem Erfolg abzuschließen. Anschließend bewährt man sich zunächst als Geschäftsstellenbeamter, entweder beim Amts- Land- oder Oberlandesgericht. Aber auch bei einer Staatsanwaltschaft kann der Geschäftsstellenbeamte zum Einsatz kommen. Bei besonders gutem Abschluss ist auch eine Beschäftigung beim Ministerium der Justiz denkbar.

Während der Ausbildung zum mittleren Beamten, lernt man alle Geschäftsstellen der Amts- und Landgerichte kennen. Mit allen Abteilungen der Gerichte kommt der Auszubildende in Kontakt, so dass er späterhin in jeder denkbaren Geschäftsstelle tätig werden kann. Es werden Kenntnisse vermittelt z.B. der Verwaltung, Zivil- u. Strafabteilungen, Insolvenz und Handelregister, Nachlassabteilungen, Grundbuchabteilung sowie der Gerichtskasse. Auch wird die Protokollführung während der Verhandlung von Zivil- und Strafsachen erlernt. Ein umfangreiches Gebiet!

Bewährt man sich nun als Geschäftsstellenbeamter, ist eine Bewerbung zur Zulassung als Anwärter für den Gerichtsvollzieherdienst beim zuständigen Oberlandesgericht möglich.. Die Bewährungsfrist wird unterschiedlich bemessen, doch meist liegt diese zwischen 2 und 5 Jahren. Die Rekrutierung aus dem mittleren Justizdienst ist bisher die Regel, da während der Ausbildung ein breites Spektrum an Wissen in allen Abteilungen der Gerichte erworben wurde, was letztlich Grundlage für die weitere Ausbildung darstellt.

In den letzten Jahren wurden aber zudem Anwärter auch aus dem gehobenen Dienst in den Gerichtsvollzieherdienst übernommen, um dem stetig wachsenden Arbeitsaufkommen im Gerichtsvollzieherwesen entgegenzuwirken. Beim Aufbau des Gerichtsvollzieherwesens in den neuen Bundesländern ließ man zudem justizfremde Personen zu, um dem raschen Aufbau gerecht zu werden. Zwischenzeitlich geht man bei einigen Landesjustizverwaltungen (so z.B. Bayern, Niedersachen) Justizfachangestellte oder auch justizfremde Personen zuzulassen, da das Reservoir des mittleren Justizdienstes stetig versiegt und nicht mehr genügend geeignete Kräfte zur Verfügung stehen.

Das 25. Lebensjahr sollte die Bewerberin oder der Bewerber vollendet haben, bevor man seine Bewerbung an das zuständige Oberlandesgericht richtet. Nach erfolgreicher Ausbildung kann der Absolvent bei jedem Amtsgericht des zuständigen Oberlandesgerichts eingesetzt werden. Ein Recht darauf, bei seinem Heimatgericht oder auch Ausbildungsgericht eine Stelle zugewiesen zu bekommen, hat man nicht.

Der Beruf ist zweifelsohne mit täglichem Stress verbunden!. Neben Fingerspitzengefühl ist eine gehörige Portion an Durchsetzungsvermögen und eine extrem hohe Belastbarkeit erforderlich. Wer hat es schon gerne mit dem Gerichtsvollzieher zu tun, wer lässt eine Vollstreckung -eine Pfändung- ohne Widerspruch schon gerne über sich ergehen. Beschwerden und Aggressivität sind an der Tagesordnung! Ein Fahrzeug sicherzustellen, den Eltern zwangsweise die Kinder wegzunehmen oder gar im Wege des Gewaltschutzgesetzes den Ehe- oder Lebenspartner aus der gemeinsamen Wohnung, dem selbst erbauten Haus zwangsweise zu entfernen, wird niemals auf Zustimmung oder Freundlichkeit stoßen.

Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (früher Offenbarungseid), die Verhaftung des Schuldners, wenn dieser den Termin zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherungen nicht wahrgenommen hat oder gar die Vorführung zur Blutentnahme in Unterhaltsprozessen, gehören zum täglichen Handwerk. Die Räumung von Wohnungen, das Zustellen von Kündigungen, Lohn- und Gehaltspfändungen sowie die Vollstreckung von Geldforderungen sind spezifische Aufgaben. Die Zustellung und Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen oder Arresten, das Protestieren von Wechseln gehören selbstverständlich zum umfangreichen Aufgabengebiet.

Den Außendienst bei Wind und Wetter zu versehen und die Respektlosigkeit der "Kundschaft" zu ertragen sollte einkalkuliert werden. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Gerichtsvollzieher schon ein großes Stück Freiheit genießt. Ausgelagert vom Amtsgericht mit eigenem Geschäftszimmer ist der Gerichtsvollzieher sein eigener Herr, untersteht aber dennoch der Dienstaufsicht des Direktors des Amtsgerichts.

Er beschäftigt Personal auf eigene Rechnung! Sein Büro, meist im eigenen Haus oder in einer Bürogemeinschaft integriert, unterhält er wie ein Selbstständiger. Alle Einrichtungsgegenstände stehen in seinem Eigentum. Ausgestattet mit Telefon, Fax, Handy und PC gestaltet sich das Büro modern, so dass flexibel, innovativ und effektiv gearbeitet werden kann um dem Gläubiger zu seinem lang erstrittenen Recht, dem gerichtlich festgestellten Anspruch, zu verhelfen. Der tägliche Publikumsverkehr ist enorm!

Da der Gerichtsvollzieher primär mit dem Einzug von Geldern beschäftigt ist, sind exorbitante Summen zu kassieren und an die Gläubiger oder deren Bevollmächtigte, die Rechtsanwälte, möglichst rasch auszukehren. Die konsequente und engagierte Arbeit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher trägt daher nicht nur zu mehr Gerechtigkeit bei, sondern ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Die bringt mit sich, dass die Gerichtsvollzieher durch Prüfungsbeamte und Bezirksrevisoren ständig geprüft werden, um einen ordnungsgemäßen Geschäftsablauf zu gewährleisten.

Wie nun gestaltet sich die Ausbildung zum Gerichtsvollzieherberuf? Die Ausbildung vollzieht sich in insgesamt fünf Abschnitte:

Erster Abschnitt: Ein Monat praktische Ausbildung bei einem Amtsgericht.

Zweiter Abschnitt: Sieben Monate praktische Ausbildung bei einem Gerichtsvollzieher.

Dritter Abschnitt: Fünf Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (I).

Vierter Abschnitt: Zwei Monate praktische Ausbildung bei einem Gerichtsvollzieher.

Fünfter Abschnitt: Zwei Monate fachtheoretische Ausbildung in einem Lehrgang (II) Am Ende dieses Lehrganges wird die schriftliche Prüfung abgenommen. Die mündliche Prüfung schließt sich wenige Wochen später an.

Die Ausbildung ist in einigen Bundesländern oftmals ein wenig unterschiedlich! Die Lehrgänge finden für einige Bundesländer in der JAFS Justizausbildungs- u. Fortbildungsstätte, Walter Scheibler Str. 4-8 in 52156 Monschau statt. Eine weitere Schule gibt es in Pegnitz.

Intensiv vermittelt werden Handels- u. Gesellschaftsrecht, Wechselrecht, Zwangsvollstreckungsrecht Grundzüge des bürgerlichen Rechts, Kostenrecht usw. Aber auch bürotechnische Dinge gehören zur Ausbildung.

Nach vollendeter Ausbildung und bestandener Prüfung werden die Gerichtsvollzieher in die Freiheit entlassen! Bei einem vom zuständigen Oberlandesgericht zugewiesenen Amtsgericht kommt der Absolvent zum Einsatz. Die ersten Vollstreckungsaufträge sind zu erledigen.

Neben seinem Gehalt erhält der Gerichtsvollzieher (A8), späterhin der Obergerichtsvollzieher (A9) (Beförderungsamt) eine 15%ige Anspornvergütung aus dem monatlich für die Staatskasse berechneten und erhobenen Gebührenaufkommen aus jeder Zwangsvollstreckungs- oder Zustellungssache.

Hinzu kommen Reisekosten, Schreibauslagen und Auslagen für Porto und Telefon. Es wird zudem eine Bürokostenentschädigung gewährt, welche für die Beschäftigung von Schreibkräften sowie zur Unterhaltung des Büros (Büromaterialien, Büromiete etc.) Verwendung findet.

Quelle: Deutscher Gerichtsvollzieherbund