Inkasso-Glossar: Anfechtung

Anfechtung

Grundsätzlich ist die Anfechtung von Rechtsgeschäften oder Willenserklärungen nur bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes möglich. Anerkannte Gründe sind Irrtümer aufgrund arglistiger Täuschung oder Drohung (§123 BGB) und die in §119 f BGB genannten Gründe.
 

Folgende Irrtümer berechtigen zur Anfechtung:

Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 1. Fall BGB): Der Erklärende weiß, was er sagt, ist sich aber über die objektive Bedeutung des Inhalts nicht bewusst.

Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB): Der Erklärende irrt sich über den Inhalt seiner Erklärung; er weiß nicht, was er sagt.

Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften (§ 119 Abs. 2 BGB): Der Erklärende irrt sich über das Vorhandensein bestimmter verkehrswesentlicher Eigenschaften einer Person oder einer Sache.

Eigenschaften sind alle wertbildenden Merkmale einer Sache oder Person. Sie sind verkehrswesentlich, wenn sie für das Rechtsgeschäft von Bedeutung sind. Keine Eigenschaften sind der Preis oder der Wert einer Sache, da sie sich erst durch weitere Umstände, wie die Marktlage, von außen ergeben.

Übermittlungsirrtum (§ 120 BGB): Die Willenserklärung wurde durch die mit der Übermittlung beauftragten Person unrichtig wiedergegeben.

Ein Irrtum in der der Erklärung vorausgegangenen Berechnung (Kalkulationsirrtum) berechtigt nicht zur Anfechtung.

Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung sind:

  • Eine Täuschungshandlung,
  • durch die ein Irrtum erregt, verstärkt oder unterhalten worden ist,
  • dieser Irrtum ist für die Abgabe der Willenserklärung kausal geworden und
  • der Täuschende hat arglistig, d.h. vorsätzlich gehandelt.
Tatbestand einer widerrechtlichen Drohung:

Der Erklärende wurde durch eine Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung gezwungen.

Eine Drohung ist die Ankündigung eines Übels, das der Drohende verwirklichen kann oder vorgibt verwirklichen zu können.

Die Drohung ist widerrechtlich, wenn die Abgabe der Willenserklärung mit Hilfe rechtswidriger Mittel erzwungen wurde, das mit der Abgabe der Willenserklärung erstrebte Ziel oder die Mittel-Zweck-Relation verwerflich ist.

Nach der BGH-Rechtsprechung steht das Ausnutzen einer seelischen Zwangslage der widerrechtlichen Drohung nicht gleich.

Eine Anfechtung muss fristgerecht gegenüber dem zutreffenden Anfechtungsgegner erklärt werden. Hierbei muss der Anfechtende erklären, dass er mit dem Rechtsgeschäft nicht einverstanden ist. Die Konsequenz einer wirksamen Anfechtung ist die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes von Anfang an. Bereits erbrachte Leistungen, z.B. in Form von Geldleistungen, müssen vom Anfechtungsgegner nach Bereicherungsrecht zurückerstattet werden.

Im Rahmen des Forderungsmanagements ist die Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens von Bedeutung, die sich auf Rechtshandlungen eines Schuldners bezieht. Grundlage ist das Anfechtungsgesetz in der Neufassung von 1994. Geschützt werden soll hierdurch der Gläubiger, wenn die Befriedigung seiner Ansprüche durch Vermögensverschiebung des Schuldners unmöglich gemacht wurde. Anfechtungsberechtigt ist, wer einen vollstreckbaren Schuldtitel hat und im Zusammenhang mit einer Zwangsvollstreckung nicht befriedigt wurde. Anfechtbar sind insbesondere: Gläubigerbenachteiligungen durch entsprechende Rechtshandlungen, sowie unentgeltliche Verfügungen des Schuldners. Dabei sind Fristen und Zeiträume zu beachten.